Ein paar freie Tage am Ende des Winters in Südtirol sind im Hause Foodflaneur schon fast Tradition. Die Höhenlagen in den Dolomiten haben auch kurz vor Ostern noch ausreichend Schnee und das winterliche Wetter macht nicht nur Lust auf Wintersport, sondern auch auf gehaltvollen Rotwein aus Südtirol.
Da in Italien die einheimischen Weine in der Gastronomie oft sehr günstig kalkuliert sind (maximal 100% Aufschlag zum Ladenpreis, im Gegensatz zu 300% bei uns), ist die Hemmschwelle niedrig sich auf Entdeckungsreise in Sachen Wein zu begeben.
Zwei Rotweine standen diesmal auf der Verkostungsliste, darunter eine Cuvee von einem mir bis dato völlig unbekannten Miniweingut.
Aber starten wir mal mit einem bekannten Namen:
Merlot – Weingut Franz Haas, Jahrgang 2013
Der Winzer Franz Haas ist einer der bekannteren Individualisten aus der Südtiroler Winzerszene. Legendär z.B. seine Weißweincuvee „Manna“, über die ich bereits berichtet habe (siehe Blogpost Wein aus Südtirol).
Haas experimentiert mit der Neuanlage von Weinparzellen in höheren Lagen, da er so der auch in Südtirol spürbaren Klimaerwärmung etwas entgegensetzen möchten. Höhere Lagen bedeuteten ein stärkere Klimaunterschiede zwischen Tag und Nacht und können so hilfreich bei der Bereitung eleganter Weine sein.
Mit einem sehr eleganten und damit ungewöhnlichen Vertreter der Rebsorte Merlot haben wir es hier auch zu tun.
Wer mit Merlot gefällige fruchtige Weinchen ohne Ecken und Kanten verbindet, kann hier eine Überraschung erleben. Der Merlot von Franz Haas wirkt dicht in der Aromatik (eine Folge des niedrigen Ertrags) und keinesfalls übertrieben fruchtig. Man schmeckt Waldbeeren und vielleicht auch etwas Feige.
Besonders macht diesen Wein aber eine zarte rauchige Note, die ich so noch nie bei einem Merlot wahrgenommen habe. In Verbindung mit dezent spürbaren Tanninen wird der Wein zum eleganten Essensbegleiter.
Obwohl er nur 12,5% Alkohol aufweist, besitzt er Kraft und Fülle. In Kombination zu geschmortem Spanferkel, wie von mir getestet, zeigt der Merlot sein ganzes Potenzial. Franz Haas empfiehlt seinen Merlot ja eher zu Wild und Käse. Wäre interessant hier auszuprobieren, ob er dann noch so elegant wirkt.
Jedenfalls ein großer Wein, typisch für das hohe Können von Franz Haas. Als Bermerkung am Rande bleibt die Diskussion über die künstlerische Qualität der Etiketten (gestaltet von Riccardo Schweizer): Dem einen gefällt’s, dem anderen nicht 😉
Details zum Wein:
- Terroir: Porphyr-, sandige Löss-Lehmböden
- Ertrag: 40 hl/Hektar
- Vinifikation/Reife: Gärung in offenen Edelstahltanks. Biologischer Säureabbau in kleinen Eichenholzfässern. Darin auch Ausbau für weitere 18 Monate, danach noch 1 Jahr Flaschenreife
- Preis: ca. 22,- Euro vor Ort
Wer mehr zu diesem Wein erfahren möchte, findet auf der Website von Franz Haas weitere Infos.
Centa – Weingut Milla, Gert Pomella, Jahrgang 2009
Bei der Auswahl dieses Weins bin ich dann schon etwas gestolpert. Gert Pomella? Noch nie gehört…
Ich würde mich ja in aller Bescheidenheit schon als kundig in der Südtiroler Weinwelt bezeichnen, aber diesen Winzer kannte ich bis dato wirklich nicht.
Meine Recherche ergab dann, dass Gert Pomella nur zwei Weine erzeugt: Neben dem Centa (eine Cuvee von 35% Cabernet Franc und 10% Cabernet Sauvignon, sowie 55% Merlot) auch noch den Milla.
Während der Centa in gebrauchten Holzfässern ausgebaut wird, reift der Milla (ebenfalls eine Cuvee aus den genannten Rebsorten) im neuen Holz.
Weine von Gert Pomella sind also eine rechte Rarität, der Winzer bewirtschaft nur 3 Hektar Weinberge. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich davon noch nie gehört habe. Vermutlich wird alles vor Ort verkauft und verbraucht, sozusagen Rotwein aus Südtirol für Südtirol.
Aber nun zum eigentlich Thema, wie schmeckt denn dieser Wein?
Das ist schon ein gereifter Wonneproppen, dieser Centa. Üppig ohne jedoch überladen zu wirken (man merkt halt doch ein bisschen das Südtiroler Terroir).
Der Holzeinsatz ist spürbar, aber keinesfalls im Vordergrund. Das war für mich übrigens auch ein Grund zum Centa anstelle vom Milla zu greifen. Zu penetrante Holzaromen (Vanille) finde ich eher als störend und uniform.
Der Wein zeigte weder in Farbe noch im Aroma irgendwelche Alterserscheinungen. Die kühle Aromatik von Cabernet Franc (Stichwort: Graphit) paart sich hier perfekt mit der Fruchtigkeit des Merlot.
Auffallend war, wie stark der Wein noch vom Sauerstoff profitiert hat. Während das erste Glas etwas unharmonisch wirkte (erst kam etwas Frucht und dann, quasi wie „angehängt“ das Tannin), öffnete sich der Wein nach ca. 30 Minuten zu einem harmonischen Ganzen. Empfehlung also hier: Dekantieren!
Wir tranken den Wein zum Wildschweinrücken, eine tolle Kombination natürlich. Der Centa will und braucht ein Gegengewicht, Wildgerichte sind hier perfekt geeignet.
Ein kleiner Steckbrief zum Wein
- Terroir: schwere Lehmböden, Steillagen im Südtiroler Unterland bei Kurtatsch
- Ertrag: k.A.
- Vinifikation/Reife: getrennte Vinifizierung der drei Rebsorten, Gärung in offenen Holzbottich. nach dem Säureabbau 24 Monate in kleinen gebrauchten Eichenholzfässern. Danach noch mindestens 1 Jahr Flaschenreife.
- Preis: ca. 18,- Euro vor Ort (ein echtes Schnäppchen!)
Gert Pomella besitzt nicht mal eine eigene Website. Informationen findet man aber auf der Seite der freien Weinbauern Südtirol, einem Zusammenschluß kleiner Weingüter, der er auch angehört.
Der Weg über den Brenner hat sich also auch dieses Jahr wieder gelohnt. Neben herrlichem Winterwetter gab es also spannende Weine. Ist ja wohl logisch, dass es nächstes Jahr hier eine Fortsetzung geben muss 🙂