Entenstuben – Nürnberg | Restaurantkritik

Das Restaurant Entenstuben in Nürnberg hat im vergangenen Jahr – für mich etwas überraschend – einen Stern vom Guide Michelin erhalten.

Es wurde einige Jahre von Manfred Burr, einem Urgestein der lokalen „gehobenen“ Gastronomie geführt. Nach seinem Rückzug übernahm der junge Koch Fabian Denninger das Lokal.

Dessen Kochkunst wurde nun vom Michelin ausgezeichnet und ist eines der drei neuen Sternelokale in der Frankenmetropole (neben dem „Zweisinn“ und dem „Sosein“).

Entenstuben Nürnberg Logo auf der Speisekarte

Die Entenstuben, eines der neuen Sternerestaurants in Nürnberg


Ehrlich gesagt habe ich mich schon immer gefragt, welche Zielgruppe dieses Lokal anspricht und wie die Qualität im Vergleich zu anderen gehobenen Restaurants im Großraum Nürnberg zu bewerten ist.

Ein Anlass bot uns nun die Gelegenheit, Küche und Konzept der Entenstuben etwas genauer anzusehen.

Das Restaurant liegt abseits vom Zentrum in einem Wohngebiet (Wöhrd) und ist im Erdgeschoß eines relativ schmucklosen Wohngebäudes untergebracht.

Bei der Parkplatzsuche kann es also schwierig werden. Wir hatten jedoch Glück und fanden eine Lücke für den Zweisitzer in der Nähe.

Am Tag unseres Besuchs der Entenstuben (Freitag) war das Lokal gut besucht.

Nach einer freundlichen Begrüßung wurden wir an einen Tisch im zweiten der beiden Räume geleitet.

Schon nach wenigen Augenblicken des Umsehens war klar: Was Ambiente angeht ist man hier gefühlt in den 90er stehengeblieben. Ob sich das auch in den Gerichten niederschlägt?

Zum Studium der Speisekarte nahmen wir gerne einen Aperitif – einen Winzersekt vom Weingut Max Müller, der sich als ganz passabler Einstieg in den Abend erweist. Leider wurde er uns erst auf Nachfrage angeboten, die vom Service zuerst und alleinig genannte Wahl war ein Champagner.

Weitere Merkwürdigkeiten bei den Getränken sollten im Laufe des Abends folgen…

Entenstuben – Speisekarte

Speisekarte Entenstuben mit den einzelnen Gängen des Menüs

Speisekarte in den Entenstuben: Das kulinarische Programm


Die Speisekarte umfasst 7 Gänge aus denen man verschiedene Menüs (5, 6 oder alle 7 Gänge) zusammenstellen konnte – auch eine Weinbegleitung wird angeboten.

Wir wählten einmal 5 und einmal 6 Gänge mit dem Sonderwunsch Lamm statt Ente als Hauptgang. Unserem Wunsch wurde entsprochen, was wir auch so erwartet haben.

Irritationen gab es aber nun doch beim Thema Wein: Erläuterung zur Weinbegleitung oder das alternative Aushändigen der Weinkarte blieb völlig aus. Für ein Lokal mit Stern eine indiskutable Leistung und so von mir noch nie erlebt.

Da saßen wir also mit unserem Aperitif und das erste Amuse Gueule wurde schon serviert. Es sollte noch ein wenig länger dauern bis wir endlich Wein im Glas hatten…

Entenstuben – Menü

Amuse Gueule

Als erster Gruß aus der Küche kam ein kleines Kürbissüppchen, serviert vom Koch Fabian Denninger persönlich. Eine schöne Geste, die in Lokalen dieser Größe organisatorisch noch möglich ist.

Die Suppe selbst war schnell ausgelöffelt und blieb ohne nachhaltige Erinnerung. Ich bin ja kein großer Kürbisfreund, auch diesmal keine Begeisterung bei mir.

entenstuben-nürnberg-vorspeise mit karpfen auf dem teller angerichtet


Eine deutliche Steigerung dann beim zweiten Amuse Gueule:

Ein Stück gebackenes Karpfenfilet mit roter Beete und Schnittlauchcreme.

Obwohl ich auch kein Karpfenfan bin – das war ein schöner Appetizer, tadellos zubereitet. Eine kleine Köstlichkeit, die sowohl jahreszeitlichen als auch regionalen Charakter aufweist, was will man mehr?

Confierter Stör – weiße Bohnen, Ziegenkäse, Thymian (7/10)

Confierter Stör auf dem Teller angerichtet

Erster Gang: Stör mit mediterranen Aromen


Der erste Gang bot eine schöne Fortsetzung:

Ein sanft gegartes Stück Stör, der durch seine fleischige Konsistenz überzeugen konnte, während die Begleitung in Form von Bohnen und Bohnenpüree, Ziegenkäse, fein aromatisiert mit Thymian für mediterrane Akzente sorgte.

Zwar nicht spektakulär, aber mit Genuß zu essen.

Leider waren wir inzwischen nun ohne jegliche Getränkebegleitung.

Erst die Frage nach der Weinkarte brachte endlich Besserung. Trotz der überraschend umfangreichen und qualitativen Auswahl (das hatte ich hier gar nicht erwartet) entschieden wir uns dann doch für eine glasweise Weinbegleitung.

Beginnend mit einem Godello vom Weingut A Coroa aus Spanien. Eine sichere Wahl – diesen Wein kennen wir bereits.

Essenz vom Blumenkohl mit Koriander (8/10)

Mit einer schlichten Essenz vom Blumenkohl zeigt die Küche ein kleines Highlight des Abends. Einfach und perfekt umgesetzt, das ungeliebte Gemüse Blumenkohl in Bestform.

Blumenkohl Essenz angerichtet im Teller

Optisch unspektakulär, geschmacklich überzeugend: Blumenkohl-Essenz


Durch fruchtige Noten auf den angebratenen Blumenkohlstückchen und der süffigen Brühe besitzt dieser Gang unerwartete Komplexität – und schmeckt sehr gut.

Frischer Koriander und Koriandersamen sind genau richtig dosiert und runden dabei die Aromatik fein ab.

Weißer Heilbutt, Schwarzwurzel, Feldsalat (7/10)

Beim Fischgang zeigte sich dann exemplarisch: Mehr ist nicht mehr, denn der Teller war optisch spektulär mit schwarzen Trüffelscheiben fast zugedeckt.

Gebratener Heilbutt mit Schwarzwurzel, auf dem Teller angerichtet

Mit schwarzem „Dekotrüffel“: Heilbutt als Fischgang


Diese waren aber völlig geschmacklos und damit komplett unnötig.

Zum Glück kann man sagen, denn das Gericht wäre durch ein dominierendes Trüffelaroma überlagert worden. So hingegen war der – perfekt gebratene – Heilbutt ein solider Gang, wenngleich eher auf Bistroküchen-Niveau einzuordnen.

Den Genuß dieses Gangs trübte auch eine plötzlich durchs Restaurant wabernde Spülmaschinen-„Duftwolke“ – die sich zwar schnell wieder verzog, für den Moment aber doch recht störend war.

Vor dem folgenden Fleischgang wollten wir nun auf Rotwein umsteigen – der Service empfahl den Rotwein „Rothügel“ vom fränkischen Weingut Bickel-Stumpf.

Leider blieben dazu jegliche Erläuterungen aus – selbst meine zaghafte Frage „Eine Cuvee??“ konnte die Servicekraft nicht aus der Reserve locken. Mehr als ein fränkisch-knappes „Ja“ war nicht drin 🙂

So machten wir uns daran in einer Art Blindverkostung die Rebsorten zu identifizieren was uns erstaunlicherweise auch z.T. gelang. Die spätere Recherche gab genauen Aufschluss: Domina, Blaufränkisch, Spätburgunder und Cabernet.

Sehr fein und eine neue Entdeckung, ich kannte bis dato nur die überzeugenden Weißweine von Bickel-Stumpf.

Vor dem Hauptgericht wurde – ganz zum Retro-Ambiente passend 😉 – ein Sorbet vom Pfirsich serviert. Geschmacklich gut, aber im Dessert definitiv besser aufgehoben.

Ich frage mich wirklich, wann diese Unsitte ein Sorbet vor dem Hauptgang zu servieren endlich ausstirbt…

Kotelette (!) vom Salzwiesenlamm, Fèves, Estragon, Chorizo (6/10)

Das servierte Lamm bot einen recht schwach ausgepägten Lammgeschmack.

Obwohl perfekt gebraten kam es ohne rechten Charakter daher. Die Begleitung mit grünen Bohnen („Fèves“) und Estragon sorgte für leicht französischen Einschlag, der aber schnell vom viel zu dominanten Chorizo-Sud überdeckt wurde.

Lammkotelett mit Chorizosud und grünen Bohnen, angerichtet

Handwerklich sauber, aber nicht ganz stimmig: Lamm


Hier passten zweifelsohne die Proportionen nicht.

Weniger Chorizo und besseres Lamm (wieso werden hier keine regionale Qualitäten, z.B. ein Juradistl-Lamm, verwendet?) hätten dem Gericht mehr Stimmigkeit gegeben.

Valrhona Schokolade, Macadamia, Blutorange (7/10)

Das abschließende Dessert war – in seiner klassischen Aromatik – ein feiner Abschluß, einzig etwas mehr Blutorange hätte mir gefallen. Aber Schokolade geht immer 😉

Schokolade mit Macadamia und Blutorange als Dessert angerichtet

Klassisch: Schokolade zum Dessert

 

Mein Fazit zum Menü in den Entenstuben

Fabian Denninger ist zweifelsohne ein Koch der sein Handwerk versteht – an diesem Abend bestand bei einigen Gerichten konzeptionell aber durchaus noch Luft nach oben.

Ich mag ja eine Küche, die den klassischen Geschmacksbildern huldigt und wie sie in den Entenstuben gekocht wird, ganz gerne, aber dann bitte schon wirklich auf Sterne-Niveau.

Interessanterweise empfand ich die reduzierten Gerichte am überzeugensten. Vielleicht entwickelt sich die Küche ja mehr noch in diese Richtung…

Nicht ganz akzeptabel war für uns an diesem Abend die Leistung des Service. Seinen Abschluß fand diese dann noch in einer falsch aufgeführten, weil nicht konsumierten Flasche Wasser auf der Rechnung.

Blick ins Restaurant Entenstuben

Bald wieder angesagt: Die Yuccapalme


Und über das Ambiente des Restaurants könnte man natürlich nachdenken, auch wenn die 90er bestimmt früher oder später wieder hip werden.

Das Tantris in München steht ja mit seinem 70er Look ja inzwischen sogar unter Denkmalschutz 😉

Kontaktdaten und weitere Informationen zum Restaurant Entenstuben finden sich auf der Website und bei Facebook.