Biofach: die Weltleitmesse für Biolebensmittel – das ist mal eine selbstbewußte Ansage, oder? Wenn man bedenkt aus welcher Nische das Thema kommt, gerät man schon ins Staunen über den Aufstieg und die Professionalisierung des ganzen Segments.
Die Messe BIOFACH, findet jährlich zusammen mit der Partnermesse VIVANESS (zum Thema Naturkosmetik) in Nürnberg statt.
Für Foodblogger ist deshalb der Messetermin im Februar (2016 vom 10. bis 13. Februar) eigentlich dick im Kalender anzkreuzen, denn wo sonst bekommt man soviele Infos über neue Anbieter, aktuelle Trends und Möglichkeit seinen „biospezifischen“ Horizont zu erweitern als hier.
Obwohl ich zeitlich recht eingespannt war, habe ich mir die Zeit für das Bloggerfrühstück (naja: das halbe Bloggerfrühstück 🙂 und den anschließenden Bloggerrundgang am Freitag genommen, Einige Sachen habe ich dann sogar noch am Samstag bei einer weiteren Stippvisite angesehen. Aber der Reihe nach:
BIOFACH Bloggerfrühstück und Bloggerrundgang
Es war meine erste Teilnahme am traditionellen Bloggerfrühstück und obwohl ich zu spät kam, gab es doch noch einige Gelegenheiten mich mit den lieben BloggerkollegInnen auszutauschen (z.B. mit Sonja, Karina, Steffi und Peter).
Da ich schon ausführlich gefrühstückt hatte (ohne morgendliche Mahlzeit ist es mir leider unmöglich das Haus zu verlassen), kam ich nicht in den Genuß der angebotenen veganen „Köstlichkeiten“ wie z.B. das Rührei ohne Ei (!?).
Kaum ein paar Worte gewechselt wurde auch schon zum Aufbruch für den Bloggerrundgang getrommelt. Professionell mit Head(Ear)Sets ausgestattet standen also nun vier verschiedene Stationen auf dem Programm. An dieser Stelle auch schon mal ein großes Danke an Stefanie Dietz und das Team der Messe Nürnberg für die professionelle Betreuung und vorbildliche Organisation!
BIOFACH Bloggerrundgang
Die erste Station des Rundgangs war auch gleich ein richtiger „blue chip“ der deutschen Biobranche: Wir waren zu Gast auf dem Messestand der Firma Lebensbaum. Die Marke kennt wohl selbst der, der sich nur selten in einen Biomarkt verirrt.
Das Unternehmen gibt es bereits seit 1979 und dürfte somit älter sein als mancher der teilnehmenden BloggerInnen.
Station 1: Lebensbaum
Gründer und Eigentümer von Lebensbaum, Herr Ulrich Walther, ließ es sich nicht nehmen über Philosphie, Geschichte und Herausforderungen für sein Unternehmen zu berichten.
Das war schon alles überzeugend und da ich gerne mal einen betriebswirtschaftlichen Blick auf Unternehmenskonzepte werfe auch wirklich lehrreich. Leider reichen nämlich gute Absichten mit dem Ziel der Weltverbesserung nicht aus um die notwendigen Erträge für ein nachhaltiges Unternehmenswachstum zu erwirtschaften (dazu weiter unten dann noch mehr Gedanken).
Da man von vielen Worten natürlich auch nicht satt wird, hatte die Lebensbaum-Mannschaft klugerweise auch einige Häppchen zum Probieren vorbereitet – da ließ sich die versammelte Bloggerrunde natürlich nicht zweimal bitten…
Station 2: Demeter
Zu Demeter braucht man ja nun wirklich keine Worte mehr verlieren. Jeder der sich mit Biodynamik und Biolebensmitteln auseinandersetzt kennt zumindest das Siegel des Demeter-Verbandes.
Die Richtlinien des Demeter-Verbandes (ja es ist ein Verein, kein Wirtschaftsunternehmen) beruhen ja auf den Lehren Rudolf Steiners. Man kann ja nun zu einigen Ideen (Stichwort: Vergrabene Kuhhörner mit Dung) stehen wie man will, aber das Demeter Siegel ist mit Sicherheit das strengste unter allen Biosiegeln (Bioland usw.).
Am Stand gab es dann auch eine sehr allgemeine Einführung über Prinzipien und Ausrichtung von Demeter. Ich habe hier nicht sehr viel neues erfahren.
Ein weiterer Kollege erzählte dann noch detailliert über das Saatgutkonzept, durch das alte Sorten erhalten bleiben und der drohenden Verarmung der Sortenvielfalt entgegengewirkt werden soll. Das Problem mit hybriden Sorten und der Kontrolle durch die großen Giganten wie Monsanto dürfte mittlerweilen jeder mitbekommen haben.
Umso wichtiger finde ich das Engagement von Demeter in diesem Bereich. Ich habe ja im vergangenen Jahr auch schon mit alten Kartoffelsorten im Anbau experimentiert und werde auch in diesem Jahr wieder einige alte Gemüsesorten anbauen. Wer sich für das Saatgutkonzept näher interessiert, findet hier mehr Infos!
Station 3: Berlin Organics
Während uns bei den ersten beiden Stationen noch der Hauch der traditionellen Bioszene umwehte, wurde es nun schon richtig hipsterig, also öko-hipsterig. Wir waren zu Gast bei Berlin Organics, einem Start-Up-Unternehmen aus – ja richtig geraten – Berlin.
Das Team produziert Superfood-Pülverchen, also quasi Nahrungsergänzungsmittel mit Zutaten, denen eine besondere Wirkung zugeschrieben wird. Ich nenne hier mal Chiasamen, Gojibeeren und Baobab als Beispiel. Im Prospekt des Unternehmens konnte man lesen:
Superfoods sind natürliche Lebensmittel mit einer hohen Mikronährstoffdichte
Nun ja, kann man machen. Endgültig bestärkt in meiner Skepsis wurde ich allerdings als auf die Frage „Wie schmeckt das eigentlich?“ die Antwort kam: „Ja ziemlich neutral.“ Ich sag mal hier etwas ketzerisch: Ich verlasse mich dann doch lieber auf die Mikronährstoffdichte einer Gänseleber oder eines Schweinebratens 🙂
Station 4: Gutding
Ja hier am Ministand von Gutding traf man ihn endlich, den guten Geist einer weltverbessernden Idee. Idealistisch und überzeugt davon nun endlich mit der handwerklichen Produktion von Brotaufstrichen den Sinn des Lebens gefunden zu haben, wurden uns hübsche Gläser zum Verkosten gereicht.
Aber ich merke gerade, es schleicht sich zuviel Sarkasmus in meinen Bericht ein. Nein, das nette (wirklich!) Ehepaar von Gutding kann gar nichts dafür:
Die Aufstriche schmeckten ausnahmslos gut und die individuelle Gestaltung der Gläschen entlockte den BloggerInnen doch einige „Hach(s)“. Nur, realistisch betriebswirtschaftlich gesehen, dürfte es schwierig werden auf Dauer damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Vielleicht hab ich ja auch Unrecht mit meiner Prognose – hoffentlich!
Und damit war der Bloggerrundgang schon zu Ende – halt, eine Station habe ich unterschlagen. Eine klassische Me-too-Idee: Die Herstellung von Eis am Stiel mit reinen Biozutaten und ungewöhnlichen Geschmacksvarianten. Nun ja, das gibts schon einige Male und ist deshalb wirklich nicht weiter erwähnenswert.
Biofach – mein zweiter Messetag
Am Samstag hatte ich doch etwas mehr Zeit und so schaute ich mir noch einige Stände näher an, so z.B. bei Herbaria wo es ein leckeres Minimenü mit aromatisierten Bröseln (die Produktinnovation!) als Topping gab.
Bemerkenswert waren für mich jedoch nicht die Brösel, sondern dass die Kostproben von Hans Gerlach (hier seine Homepage) zubereitet wurden. Den Kochbuchautor und SZ-Magazin-Kolumnisten schätze ich wirklich sehr.
Nun hatte ich in der Tat Gelegenheit ihm das auch persönlich zu sagen. Weniger in Erinnerung sind mir die Brösel von Herbaria geblieben, ob das wirklich der Renner wird??
Am Stand von BioPlanete, eine Marke, die sich auf Öle spezialisiert hat und die ich durch eigene Verwendung schon kannte, gab es die Möglichkeit sich durch das ganze Sortiment zu testen. Ich finde ja Quervergleiche immer sehr interessant, da man Unterschiede viel prägnanter wahrnimmt.
So probierte ich einige Öle, die ich noch nicht kannte, wie z.B. Arganöl im Vergleich zu seiner gerösteten Variante. Alles sehr interessant. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Beitrag von Bloggerkollegin Eline hinweisen: Sie hat auf ihrem Blog Küchentanz einen großartigen Grundlagenartikel zum Thema Öl geschrieben.
Mein Fazit zur Biofach
Die Biofach ist ein Muss für den interessierten Foodblogger – ganz ohne Zweifel. Hier kann man gute Gespräche führen und interessante Produkte entdecken. Und man braucht Zeit, viel Zeit. Die werde ich mir das nächste Mal (hoffentlich) mehr nehmen können.
Was ich z.B. nicht geschafft habe:
- die Olivenölverkostungen von meinem netten Exkollegen Richard
- einige prämierte Bioweine probieren
- die internationalen Hersteller genauer kennenzulernen
Zu den Biofach-Trends würde ich folgendes Urteil abgeben:
- Auf dem Gipfel: Vegan, veganer, am vegansten.
- Stark im Kommen: Das ganze Superfood-Thema (siehe oben) und Kokosprodukte.
- Könnte ein Trend werden: Algen, das gesunde Geglibbere aus dem Meer.
Ansonsten hat mir das Nebeneinander von traditioneller Biobranche und neuen Anbietern, die undogmatisch und innovativ sind, sehr gefallen.
Für mich ist letztendlich der bessere Geschmack entscheidend und den findet man immer mehr bei biologisch erzeugten Lebensmitteln. Deshalb wird die Biofach vermutlich auch im nächsten Jahr mit neuen Rekorden bei Besucherzahl und Ausstellern aufwarten können.
Biofach 2017 Update
Auch 2017 führte mein Weg zum Messegelände Nürnberg um der diesjährigen Biofach 2017 einen Besuch abzustatten.
Schon beinahe traditionell ist das gemeinsame Bloggerfrühstück, das dieses Jahr schon zum 10. Mal stattfand. So konnte man sich noch kurz austauschen bevor der Bloggerrundgang auf die Biofach 2017 startete.
Besonders erwähnen möchte ich dabei folgende Anbieter und Stationen:
Jacky F. – Start-Up mit Jackfruit
Ich muss ja ehrlich gestehen, dass ich bis dato noch nie bewußt eine Jackfrucht verzehrt habe. Zwar habe ich diese große stachelige Frucht ab und zu im Handel gesehen, aber ohne Motivation und Wissen ignoriert.
Beim Food-Start-Up Jacky F. wurden wir nun aufgeklärt, dass Jackfrucht als idealer Fleischersatz dienen kann. Zum Beweis wurden von der sympathischen Gründerin allerlei Kostproben serviert.
Und in der Tat: Der Geschmack ist schon wirklich fleischähnlich. Für mich eine schöne Entdeckung!
Naturland – einer der größen Bio-Verbände
Ich behaupte: Naturland kennt jeder, der sich ansatzweise mit der Biobranche auseinandergesetzt hat. Das Logo dürfte jeden Biokäufer bekannt vorkommen. Umso interessanter ist es, wenn man die Menschen hinter einem so bekannten Label kennenlernen kann.
Am beeindruckend großen Messestand von Naturland erfuhren wir allerlei interessantes zu aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Branche.
Für mich war die Tonalität des Vortrags jedoch ein bisschen zu pessimistisch, fraglich ob man mit einer optimistischen Haltung hier nicht mehr Menschen für Engagement für den ökologischen Landbau begeistern könnte.
Ein kurioses Beispiel in welcher Komplexität sich moderner Ökolandbau in einer globalisierten Handelswelt abspielt war das Give-away, das wir zum Abschluß bekamen:
Eine Packung Kartoffelchips aus Peru (!) Ja, Transportkosten-CO2 Bilanz schlecht, aber die Vorteile den dortigen Kleinbauern eine Lebensgrundlage zu ermöglichen überwiegen die Nachteile. Die Welt ist eben nicht schwarz-weiß!
Bio Planete – Ölmühle Moog
Der Besuch am Stand der Ölmühle Moog hat mich besonders gefreut, da ich die Produkte schon seit Jahren selbst in der Küche verwende. Besonders interessant hier einmal die Geschäftsführerin persönlich zu erleben. Eine toughe Bio-Businessfrau!
Vorgestellt wurde die Initiative Heimische Bio-Landwirtschaft. Sie hat zum Ziel Ausgangsprodukte für Öle wie z.B. Sonnenblumen(kerne), Senf, Hanf, Leindotter usw. in Deutschland anbauen zu lassen.
Durch verbindliche Verträge mit den Bauern haben diese Planungssicherheit und der Verbraucher bekommt ein Produkt ohne langen Transportweg. Eine bestechende Idee!
Bei der abschließende Fragerunde kam jedoch meine Nachfrage ob der heimische Anbau auch eine höhere Produktqualität bedeute nicht wirklich an.
Entweder wollte man das nicht verstehen oder die Ziele sind eben doch andere. Für mich als potenzieller Käufer steht der Genußfaktor immer ganz oben!
Mein Fazit zur Biofach 2017
Bestimmte Trends die sich in 2016 schon abgezeichnet haben, sind 2017 voll angekommen:
- Das Thema Food-Start-Ups nimmt einen immer größeren Raum ein. Oft mit sehr engagierten Gründern, denen ich aus ganzem Herzen den Erfolg wünsche. Der Betriebswirt in mir hat leider manchmal gewisse Zweifel…
- Algen sind wirklich ein großes Thema geworden. Ich habe mich der Thematik wirklich unvoreingenommen genähert, bin aber inzwischen zu einer eigenen Meinung gekommen. Für mich schmecken Algen nicht wirklich gut und die Anwendungsfälle erscheinen mir auch sehr begrenzt. Wenn man sich die Zutatenliste bestimmter Algen-Fertigprodukte ansieht, kommt man nicht umhin zu denken, dass hier ein schwaches Grundprodukt irgendwie aufgepeppt werden muss (durch Zucker, Gewürze etc.).
- Erfreulich ist für mich zu sehen, dass vor allem etablierte Bioanbieter eine hohe Innovationskraft besitzen und die neuen Produkte oft auch erhebliches Genußpotential haben. Ein Beispiel war für mich auf der Biofach 2017 die Marke Taifun mit einem sehr schmackhaften fermentierten Tofu. Und ich bin wahrlich kein Tofu-Fan 🙂