Er ist einer der stillen Spitzenköche im Lande: Hans Haas – Chefkoch im legendären Münchner Tantris.
Gut, dass es nun ein neues Buch über das Wirken des mit zwei Sternen ausgezeichneten Kochs gibt.
Ok, Köche werden ja nicht mit Sternen ausgezeichnet, sondern Restaurants.
In diesem Fall das Tantris in München-Schwabing. Aber ihr wißt wie es gemeint ist 😉
Ohne zu übertreiben ist das Tantris ja der Geburtsort der deutschen Spitzenküche.
Und genau drei Köche wirk(t)en dort seit der Eröffnung im Jahr 1971: Koch des Jahrhunderts Eckart Witzigmann gefolgt von Heinz Winkler (damals jüngster Drei-Sterne Koch Deutschlands) und nun schon seit 1991 Hans Haas.
Gegründet wurde das Tantris von Bauunternehmer Fritz Eichbauer. Es ist seit 1974 kontinuierlich mit mindesten zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet worden.
Mehr Infos zum Restaurant findet man auch hier.
Im neuen Buch über Hans Haas, das 35 Meilenstein-Gerichte aus den Jahren im Tantris beschreibt, findet man die Quintessenz der klassischen Küche – freilich interpretiert durch Hans Haas selbst.
In Zeiten, in denen nahezu im Monatsrhytmus neue kulinarische Moden in den Medien gehypt werden, ist es so wichtig, sich auf das Fundament echter Hochküche zu besinnen.
Mit ging es bei diesem Buch zum ersten Mal seit langem wieder so, dass ich dachte: „Ich will jedes dieser Gerichte essen – und am besten gleich 2 Portionen davon“.
Wohlgeschmack – Genuß – Harmonie, das ist der Dreiklang den Hans Haas virtuos spielt.
Nicht zu vergessen: alles auf der Basis einen fantastischen Produktqualität.
Einen kleinen Eindruck von Tantris und der unangestrengten Art des legendären Kochs gibts hier in einem kleinen Videotrailer
Die Kochlegende Hans Haas – Inhalt
Klassisch wie die Küche ist auch der Inhalt des Buchs aufgebaut.
Als Amuse Gueule gibt es dabei ein sehr fundiertes Interview oder besser: Gespräch mit Hans Haas, aus dem sein Werdegang und die Entwicklung zum Spitzenkoch deutlich wird.
Manche Aussagen von Haas lassen einem auch nachdenklich werden, so z.B. wenn er an die Kindheit erinnert:
Wenn ich heute eine Buttermilch trinke, müsste ich eigentlich sagen, das ist eine Katastrophe, wenn man den Geschmack von damals noch im Kopf hat
Dass eine solche Aussage mehr ist als bloße Nostalgie versteht man, wenn man absolute Ausrichtung der Rezepte an bestmöglicher Produktqualität der Zutaten vor Augen hat.
Nur so kann ein Koch souverän alles Störende weglassen. Und so sehen sie auch aus die Gerichte im Buch – konzentriert auf das Wesentliche.
Zugegeben inzwischen ein fast ungewohntes Bild, wenn man die ganzen Teller-Landschaften der Sterneküche vor Augen hat.
Nach dieser aufschlußreichen Einleitung beginnen die Rezepte, gegliedert in
- Vorspeisen, Zwischengerichte, Suppen (S. 32 bis 164)
- Hauptgerichte (S. 170 bis 210)
- Käse und Dessert (S. 216 bis 230)
Exemplarisch habe ich mal zwei Beispiele gewählt, die sehr typisch den Ansatz von Hans Haas zeigen:
Ein Beuscherl (also die Lunge) auf die Karte zu setzen, zeigt die echte Souveränität des Hans Haas und ist gleichzeitig eine Referenz an seine tirolerischen Wurzeln: Nose-to-tail jenseits von modischem Gehabe und Hipster-Mainstream.
Auch das nächste Gericht zeigt, dass in der Reduktion und Konzentration auf das Produkt die wahre Könnerschaft liegt.
Hier kann man nicht vertuschen und verbergen, entweder banal oder großartig – eine andere Ausprägung ist bei diesem Gericht nicht möglich. Keine Frage wie es bei Hans Haas ist…
Hintergrundinfos zu den Rezepten mit tollen Fotos
Besondere Erwähnung verdienen die begleitenden Beschreibungen zu den einzelen Rezepten. Jenseits von geschwurbelte Formulierungen (Grüße an Herrn Dollase) erklärt Co-Autor Stefan Pegatzky die Hintergründe zur Geschichte des einzelnen Rezepts.
Selten habe ich so nachvollziehbare Erläuterungen gelesen.
Kongenial begleitet werden die Rezepte durch die wunderbar „ehrlichen“ Fotos.
Keine sterilen und totretuschierten Bilder, keine technoide Tonalität, nein Anspruch war, die Gerichte so zu zeigen, wie sie vor dem Gast stehen. Perfekt gelungen kann man hier nur sagen!
Als „Garnitur“ finden sich dann noch einige atmosphärische Bilder aus dem Küchenalltag im Tantris und einmal mehr wird dabei klar:
Hier geht´s nicht um cleveres Marketing, die divenhafte Inszenierung, die große Kochvision – nein: das ist die hohe Kochkunst, die überdauern wird.
Mein Fazit zum Buch von Hans Haas
Dieses Werk war überfällig.
Während banale Kochbücher zu tausenden auf den Markt geworfen werden, zeigt dieses Buch die Leistung eines Kochs in Vollendung.
Hans Haas kocht ohne Zweifel seit Jahrzehnten besser als es der Großteil der Köche in diesem Land je tun werden.
Ein Lob gibt es auch für die Ausstattung des Buchs: Lesebändchen ist vorhanden und die Bindung erlaubt ein komplettes Aufschlagen von Doppelseiten. Das Layout ist angenehm unaufgeregt und der Text sehr gut lesbar.
Der TreTorri Verlag zeigt einmal mehr, wie solide Kochbücher aussehen können (und sollen).
Die Auswahl der Rezepte ist klug getroffen, so dass das breite Spektrum von Haas deutlich wird. Und das Buch ist ein Bekenntnis zur klassischen Küche, die momentan offensichtlich nicht für große Schlagzeilen taugt.
Aber wir sprechen uns in 20 Jahren mal wieder und dann steht zu Wahl:
Pochierte Entenleberterrine mit Feigenchutney von Hans Haas
oder
Lebendige Ameisen mit fermentiertem Moos und getrocknetem Rentierhoden (à la Nordic Cuisine)
Ihr schreibt mir dann bitte, was Ihr wählen werdet!?
ich dachte es gibt nur den taucher hans haas … vielen dank für das schließen einer meiner vielen bildungslücken : )
Stimmt, ich erinnere mich auch. Ich glaube, da gab es früher im Fernsehen Tauch-Reportagen. Aber um’s Tauchen geht’s hier nicht 😉
Nun begegnet mir Hans Haas mit seinem Buch schon zum zweiten Mal in einem Blog.
Ein nettes und persönliches Interview finden Sie im Blog bei der „Farbenfreundin“:
http://www.farbenfreundin.de/tantris/
Hier zeigt er sich auch als Künstler und sehr kunstinteressiert.
Sie haben das kluge Koch-Buch und das großartige Können von Hans Haas sehr anschaulich beschrieben und Lust darauf gemacht.
Wie ich bei der „Farbenfreundin“ schon kommentiert habe, ist für mich Können kombiniert mit Bescheidenheit – so wie bei Hans Haas – immer besonders beeindruckend.
Sehr gut gefällt mir auch das Video – einfach gut gemacht!
Danke fürs ausführliche Vorstellen sagt Sieglinde Graf.
Die „Farbenfreundin“ kannte ich bisher noch nicht, danke für den Link. Das Interview ist ja die perfekte Ergänzung zur Buchbesprechung 😉
Bärbel, die Farbenfreundin, würde sich sicher sehr freuen, wenn Sie ihr dies schrieben!
Ich finde es immer wieder schön, was Neues zu entdecken und gebe es gern auch weiter. Ihren Blog habe ich bei ihr auch verlinkt.
Schöne Grüße von Sieglinde Graf