Ein außergewöhnliches Kochbuch
Schon mal mit Rinde gekocht, oder mit Laub? Mit Lärchentrieben oder Moos? Ich schätze, dass 99,8% von euch mit dem Kopf schütteln und ein imaginäres Fragezeichen in die Luft malen. Vielleicht seid ihr am Ende meines Blogposts schlauer…
Das Buch „Moos Fisch Rinde Blatt“ der Autoren Brienza, Martini und Rathmayer ist wirklich ein herausragendes Werk im oft zu gewöhnlichen Kochbuch-Brei. Unter dem Titel kann man sich noch nicht sehr viel vorstellen, der Untertitel „Genuss der Landschaft“ bringt einen dann schon auf die richtige Fährte. Das großformatige Werk (DIN A4 Überformat) beschreibt auf hoch-innovative Weise das Konzept einer Küche mit strikt regionaler Ausrichtung.
Die Rezepte werden in vier Genusslandschaften eingeteilt: Wald, Wiese, Feld und Wasser. Aus diesen Landschaftstypen werden wesentlich Zutaten für die jeweiligen Gerichte herangezogen. Und zwar Zutaten, die man landläufig nicht auf den ersten Blick (und auch nicht auf den zweiten) für eine ambitionierte Küche verwenden würde. Innovation! Ja, Avantgarde sogar!!
Radikal regionale Küche
Diese Art von regionaler Küche hat wenige Protagonisten bisher: Die skandinavische Nordic Cuisine bedient sich an diesem Konzept: Magnus Nilsson (Fäviken) oder klar – the one and only – Rene Redzepi (Noma) sind typische Vertreter. Aber auch Stefan Wiesner (Gasthof Rössli) in der Schweiz ist ein Verfechter der radikalen Naturküche. Und mit „Moos Fisch Rinde Blatt“ bekommen wir interessierten (und ambitionierten) Hobbyköche zum ersten Mal ein Buch in die Hand, das uns diese moderne Küche erreichbar macht.
Dabei ist es für mich kein Kochbuch im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr eine wahre Inspirationsquelle, die einem sofort beim Lesen eines Rezepts und der Verwendung von bestimmten Zutaten weiter denken lässt. Kleines Beispiel gefällig? Wenn im Gericht „Mandarine/Ceylonzimt/Lärche“ eine Creme aus Lärchentrieben notwendig ist, kann man doch sicher auch eine Lärchenmayonnaise zubereiten. Und diese dann kombinieren mit… Sehr, sehr inspirierend das!
Die Autoren – die kommenden Stars?
Mich hatte nur stutzig gemacht, dass mir die Autoren bis dato völlig unbekannt waren. Ein Blick in den Klappentext bringt dann schon Licht ins Dunkle: Valentino Brienza und Luisa Martini standen bisher als Köche in der zweiten Reihe. Aber hier auf den besten Plätzen: Sie waren beide im Steirereck in Wien, dem unbestritten besten Restaurant Österreichs, tätig. Von den beiden könnte in Zukunft also noch mehr kommen…
Das Buch ist zudem wunderschön gestaltet und die Gerichte sind kongenial fotografiert von Michael Rathmayer. Großes Kino, keine sterilen Tellerlandschaften, sondern so lebendig, dass man am liebsten gleich anfangen würde zu essen. Erwähnenswert auch, dass das Buch im hierzulande eher unbekannten Styria-Verlag aus Österreich erschienen ist. Hut ab vor so viel verlegerischem Mut!
Zum Schluß noch winzige Kritik: Die verwendete Schriftart im Buch beeinhaltet ein sehr gewöhnungsbedürftiges „E“, das einem beim Lesen immer wieder stolpern läßt. Hätte nicht sein müssen… Aber mehr Kritik gibt’s nicht.
Also, Freunde des Bärlauchpestos, wenn Ihr wirklich innovativ aus und mit der Natur kochen wollt, dann lest dieses Buch!