Die Wahrheit über die besten Köche der Welt – so reißerisch wird das „Enthüllungsbuch“ von Roland Trettl angekündigt. Das klingt nach Boulevard, pikanten Details und Unterhaltungslektüre.
Ein Buch wie geschaffen für die ruhigen Weihnachtstage, in denen sich Denken und Tun sowieso sehr viel um’s Essen drehen.
Ich konnte also nicht widerstehen und habe mir das – doch etwas schmalbrüstige – Büchlein durchgelesen. Und das durchaus mit Amüsement, andere Rezensenten waren hier schon härter im Urteil (siehe z.B. hier und hier). Um das Buch einzuordnen sind vielleicht einige Infos zur Person des Autors Roland Trettl vorauszuschicken.
Roland Trettl – der Autor von „Serviert“
Roland Trettl, gebürtiger Südtiroler leitete über 10 Jahre das Team im Ikarus, das legendäre Restaurant im Hangar 7 im Salzburg.
Auf Initiative von Red Bull Gründer Dietrich Mateschitz und unter der Patronage von Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann entstand dort ein weltweit einzigartiges Restaurantkonzept: Jedes Monat steht ein anderer Spitzenkoch im Mittelpunkt und die Crew kocht das Menü dieses Kochs möglichst authentisch nach.
Ich habe dort zweimal das Menü eines Gastkochs gegessen (einmal von Sven Elverfeld, einmal von Jan Jacob Boerma, beide mit drei Michelin Sternen ausgezeichnet) und war hoch beeindruckt von Ambiente, Servicequalität und vor allem von der Perfektion mit der dort gekocht wurde.
Roland Trettl hat also in 10 Jahren weit über 100 Spitzenköche kennengelernt und ihre Menüs umgesetzt – eine einzigartige Erfahrung. Oder um mit einem Zitat von Lucki Maurer zu sprechen:
Der Trettl hat alles gesehen, wirklich ALLES!
Nun muß man aber sagen: Der Trettl ist kein Intellektueller und hat ein – leicht 🙂 – überdurchschnittliches Ego. Mit diesen Vorzeichen läßt sich das Buch dann gut lesen. Aber lassen wir doch Herrn Trettl mal selber zu Wort kommen:
Der Inhalt
Roland Trettl und sein Mitautor Christian Seiler beschreibt im Buch zum einen seine (Koch-)Biographie, reiht Anekdoten aus seinem Berufleben aneinander und schildert seine Gedanken zum Thema Essen, Köche und Spitzengastronomie.
Zwischendurch finden sich dann auch noch erwähnenswerte Rezepte von Köchen. Das klingt etwas unstrukturiert und das ist es in der Tat. Aber nicht langweilig!
Hier einige Kapitelüberschriften, die Trettls Haltung und mitunter provokante Aussagen verdeutlichen:
„Gerichte so gut, dass ich weinen musste“ (S. 69)
„Warum wir in Europa keine Sushi oder Dim Sum zubereiten können“ (S.102)
„Der Michelin. Sterne vor die Säue“ (S.139)
„Warum das Kochen Handwerk und nicht Kunst ist“ (S. 205)
„Wann Köche berühmt werden und warum berühmte Köche selten kochen können“ (S. 208)
In vielen Punkten hat Roland Trettl natürlich recht, auch wenn seine Thesen etwas zugespitzt und schwarz-weiß sind. Einige Detail möchte ich aber gerne noch herausgreifen:
So reibt sich Trettl z.B. an den Foodbloggern und teilt hier auch ordentlich aus. Es ist anzunehmen, dass hier einige schlechte Erfahrungen zu dieser Haltung führten, objektiv und realitätsbezogen ist dies natürlich nicht.
Interessanterweise hat auch Dreisternekoch Christian Bau bei der letzten Chef-Sache hier ähnlich undifferenzierte Worte über die Foodbloggerszene verloren. Mal sehen wie sich das Thema die nächsten Jahre entwickeln wird, da sollten wohl beide Seiten mal ein bisschen nachdenken.
Richtig spannend wird es dann wenn Trettl wirklich einige pikante Details zum Besten gibt. So etwas das Lokalverbot für einen mutmaßlich plagiierenden Spitzenkoch aus Süddeutschland (jeder der das Buch liest weiß auch wer das ist).
Oder auch das heikle Thema Alkohol in der Küche. Nachhaltig verletzt scheint Herr Trettl auch vom arroganten Verhalten mancher Köche – namentlich von Yannick Allèno (wahrscheinlich einer der besten Köche, die Frankreich momentan hat).
Mein Fazit zum Buch
Mit „Serviert“ bietet Roland Trettl einige Einblicke in die Welt der Spitzenküche und -köche wie sie nur selten für Außenstehende möglich sind. Sein Schreibstil ist provokant und oft zugespitzt.
Das Layout des Buchs kann ich jedoch beim besten Willen nicht als gelungen bezeichnen. Die verwendete Western-Schrift für die Headlines ist für mich ungeeignet – oder will Trettl damit seine Outlaw-Kochcowboy-Ambitionen unterstreichen?
Die Abildung der Fotos im Duplex-Ton mit Orange ist extrem nachteilig. Hier hat man viel Potenzial für atmosphärische Fotos verschenkt – der Gegensatz zwischen rauer Kochwirklichkeit und inspirierender und perfekt angerichteter Teller wäre doch eine schöne Option für das Buch gewesen.
Ich würde das Buch bedingt zur Lektüre empfehlen – für Interessierte, die mit dem Thema Spitzen- bzw. Sterneküche vertraut sind und die Ansichten eines Insiders lesen möchten.
Eine kleine Besonderheit des Buchs zum Schluß:
Wer austeilt muss auch einstecken können, gemäß dieses Sprichworts fordert Roland Trettl am Schluß des Buches die Leser auch auf ihm Kontra zu geben: dem-trettl-mal-die-meinung-sagen@zsverlag.de lautet die e-Mail Adresse unter der man sich direkt an den Autor wenden kann.
Wäre spannend zu erfahren, wie hier die Resonanz ausfällt.
Hallo Thomas,
das klingt ja wirklich interessant.
Aber wie Du schon geschrieben hast:
Aufmachung und Layout sind wohl ziemlich daneben.
Mit leckerem Gruß
Peter
Ja Peter, das Layout dürfte auch dein geschultes Auge verstören 😉