Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens: Fleisch [Buchbesprechung]

Kochbücher, die nach dem Wie und Warum beim Kochen fragen, mag ich besonders gerne. Sie vermitteln oft wichtiges und dadurch auch nützliches Wissen, dass sich in die alltägliche Kochpraxis übernehmen läßt.

Einige habe ich in dieser Rubrik auch schon besprochen. Kein Wunder also, dass mir die neue Kochbuchreihe „Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens“ schnell auffiel.

Es handelt sich hier um insgesamt drei Bände: Fleisch, Gemüse (bereits erschienen) und Backen (Erscheinungstermin Herbst 2016).

Perfektion. Band 1 und 2

Band 1 und 2 der Reihe sind bereits erschienen.


Ich möchte alle drei Bände besprechen. Beginnen wir also mit Band 1: Fleisch

America’s Test Kitchen und Guy Crosby

Während man im deutschsprachigen Raum i.d.R. die Autoren kennt, die sich mit wissenschaftlichem Anspruch und entsprechender Akribie dem Thema Kochen nähern (z.B. Thomas Vilgis), bleibt man hier erst mal im Ungewissen.

Die Einleitung klärt dann aber schnell auf und die Info ist dann auch sehr interessant. Es handelt sich um eine Übersetzung aus den USA, veröffentlicht von der „America’s Test Kitchen“ und dem Harvard-Dozenten und Lebensmittelchemiker Guy Crosby.

Ich bin ja bei übersetzten Kochbüchern sehr kritisch, die Gründe habe ich im Blog schon genannt. In diesem Fall sieht’s jedoch anders aus.

Die America‘s Test Kitchen kannte ich noch nicht und das ist auch die erste Entdeckung.

Es handelt sich um ein TV-Projekt, dass zentralen Fragen des Kochens mit gebotener Sorgfalt und Ernsthaftigkeit auf den Grund geht. Die Sendungen sind als Videos auf der Internetseite verfügbar und durchaus sehenswert.

Die Wissenschaft des guten Kochens – Fleisch. Der Inhalt.

Die Kochkonzepte

Das Buch ist in sogenannte Koch-„Konzepte“ aufgeteilt. Konzept bedeutet dabei eine spezifische Art der Kochtechnik – angepaßt an die Erfordernisse des Fleischzuschnitts und der Art der Zubereitung.

Da sich das alles ziemlich theoretisch anhört, hier mal ein paar Beispiele:

  • Heisse Speisen garen weiter (Konzept 1.4) – Hier geht es um den Nachgareffekt und die Auswirkungen vom Ruhen des Fleischstücks nach dem Braten.
  • Zähes Fleisch – Wenn „Durch“ noch nicht ausreicht (Konzept 1.7) – Lange Garzeiten und die Wechselwirkung von Temperatur und Bindegewebe im Fleisch.
  • Nasspökeln macht mageres Fleisch saftig (Konzept 1.11) – Über den Effekt von Salzlaken bei der Bereitung von mageren Stücken.

Jedes dieser Konzeptkapitel folgt einer einheitlichen Aufteilung.

In der Einleitung wird das Konzept beschrieben und zwar extrem fundiert („Die Wissenschaft dahinter“) und dann durch ein konkretes Kochexperiment. Hier wird dann z.B. bestimmt wie viel Flüssigkeit ein Stück Fleisch durch das Nasspökeln aufnimmt.

Innenseite Band 1 Fleisch

Statt Kapitel: „Kochkonzepte“

 

Die Rezepte

Danach folgen mehrere Rezepte, die das beschriebene Konzept aufnehmen.

Um beim Beispiel „Nasspökeln“ zu bleiben, sind das folgende Zubereitungen:

  • Putenbraten, in Lake eingelegt
  • Klassisches Brathuhn
  • Schweinebraten vom Grill
  • Gegrillte Schweinekoteletts

Jedes Rezept ist dabei extrem detailliert beschrieben und endet jeweils mit einem Abschnitt „Warum das Rezept funktioniert„. Hier wird nochmals erklärt, welchen Einfluß das „Kochkonzept“ auf das konkrete Ergebnis hat.

Keine Zufälligkeit, keine Vermutungen, sondern sehr logisch abgeleitete Erklärungen.

Ergänzt werden die Kapitel durch lose eingestreute Experimente.

Unter der Überschrift „Praktische Wissenschaft“ erfährt man so z.B. wie man Grillkohle im Kugelgrill am besten verteilt, um eine gleichmäßige Temperaturentwicklung zu gewährleisten.

Der dazu gehörige Testaufbau war dabei durchaus anspruchsvoll.

Innenseite mit Testbeschreibung Band 1 Fleisch

Alle Kochhypothesen werden getestet


Trotz aller Akribie sollte man beim Lesen jedoch immer kritisch bleiben, so stolperte ich dann doch über die Erklärung warum sich Fleisch beim Kochen verfärbt:

Wenn sich das Eisenatom (Anmerkung: im Myoglobin des Fleischs) mit Sauerstoff verbindet wird es rot.

Wenn das Eisenatom oxidiert ist, wird es grau.

Auch wenn meine Erinnerung an den Chemie Leistungskurs lange her sind, dachte ich doch bisher, dass bei Oxidation immer Sauerstoff im Spiel ist. Also was nun?

Vielleicht kann ein Lebensmittelchemiker unter der geneigten Leserschaft hier aufklären…

Innenseite Kochbuch Fleisch Perfektion Die Wissenschaft des guten Kochens

Muß in Amerika sein: Überlegungen zum Burger

 

Der amerikanische Touch

Natürlich merkt man dem Buch seine Herkunft an.

Der Schwerpunkt der Kochkonzepte liegt auf den typisch amerikanischen Zubereitungsmethoden (Stichwort: Barbecue) und Rezepten (z.B. Pulled Pork, Beef Brisket vom Grill).

Das tut der Qualität des Buchs jedoch keine Abbruch, zumal die Übersetzung sehr gut gelungen ist. Bei den Fleischzuschnitten wird auf die Unterschiede hingewiesen und auch teilweise mit den amerikanischen Originalbegriffen gearbeitet.

Titel Fleisch Band 1 Perfektion Die Wissenschaft des guten Kochens

Sinnvoll und hilfreich: Fleisch aus der Kochbuchreihe Perfektion

 

Mein Fazit zum Band 1 „Fleisch“

Band 1 der Kochbuchreihe „Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens.“ macht auf mich einen sehr soliden Eindruck.

Trotz seiner us-amerikanischen Herkunft (jaja, die Schublade mit den Vorurteilen ist vorhanden) ist das Buch ein inspirierendes Nachschlagewerk für ambitionierte Köche.

Dabei stehen weniger die abgedruckten Rezepte im Vordergrund, sondern vielmehr Zusammenhänge und wissenschaftliche Erklärungen zum sinnvollen Einsatz von Kochtechnik.

Ich habe für mich festgestellt, dass ich einige Sachen schon aus Erfahrung richtig mache, bei anderen Ideen war ich aber auch überrascht (und überzeugt von logische Plausibilität). Als Beispiel möchte ich hier die Behandlung von Fleisch mit Salz (Trocken- und Nasspökeln) nennen.

Gestaltung und Ausstattung des Buchs

Das Layout der Kochbuchreihe ist angenehm zurückhaltend und eher darauf abzielend möglichst viel Informationen übersichtlich zu vermitteln.

Stimmungsvolle Foodfotos, die in irrealen Szenerien angerichtet sind, findet man hier nicht. Die gezeigten Bilder zu Rezepten unterstützen auch die beschriebenen Fakten (mitunter werden auch vergleichende Bildreihen gezeigt, sie machen die durchgeführten Versuche noch plastischer).

Aufgrund der hohen Informationsdichte wurde eine recht kleine Schriftgröße gewählt. Sie empfinde ich wirklich an der Grenze zur Lesefreundlichkeit. Geht also gerade noch – wahrscheinlich urteile ich in einiger Jahren weniger milde (wenn ich dann einen Lesebrille benötige).

Für mich ist der erste Band aus der Kochbuchreihe auf jeden Fall eine sinnvolle Ergänzung im Bücherschrank. Bei mir findet das Buch in der Ecke „Hintergrundwissen“ seinen Platz. Gespannt bin ich nun auch auf Band 2 „Gemüse“, den ich mir in Kürze vornehmen werde.

Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens: Fleisch

29,90
7.4

Inhalt

9.0/10

Design

8.0/10

Preis/Leistung

8.0/10

Fotos

7.0/10

Nachkoch-Faktor

5.0/10

Das gefällt mir gut:

  • Sehr fundiert
  • Viele Technik-

Das gefällt mir weniger:

  • Leichter amerikanischer Einschlag
  • Schriftgröße

4 Kommentare

    • foodflaneur
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