AEG Taste Academy Nose to Tail | Lucki Maurer | 2. Teil

Schürzen ablegen und einmal durchschnaufen! Lucki Maurer bat uns nach Abschluß der praktischen Arbeiten bei der AEG Taste Academy Nose to Tail an die Tische. Endlich sitzen und mal kurz der zweitliebsten Beschäftigung des gemeinen Foodbloggers nachkommen: Quatschen über… na was wohl? Essen!

5-Gang-Menü Nose to Tail

Lucki erklärte uns kurz vorab was uns nun erwarten würde: ein fünfgängiges Menü, innovativ konzipiert nach dem Nose to Tail Prinzip. Ich war schon sehr gespannt auf das was nun folgen sollte. Gleichzeitig war ich unschlüssig welche Kriterien man bei der Bewertung anlegen sollte.

Ich geb ja immer eine Gesamtnote auf einer Skala von 1 bis 10, das versuche ich auch hier. Aber dazu gleich mehr…

Mit einer netten Anekdote (ich sage nur: Gebissreiniger) leitete Lucki Maurer den ersten Gang ein – es konnte losgehen!

„Bone Pudding“ / Crème brûlée vom Markknochen mit Taleggio (4/10)

Knochenmark-Käse Souffle im Markknochen serviert

Etwas mächtig: der Bone-Pudding


Knochenmark ist ja ein wunderbares Produkt, nicht umsonst auch ein Signature Dish von Fergus Henderson (hier könnt ihr übrigens einen ausführlichen Bericht darüber lesen), dem (Wieder-)Entdecker der Nose to Tail-Küche.

Ich habe Knochenmark in der Vergangenheit z.B. dafür verwendet einem Risotto noch eine zusätzliche Dimension, also mehr geschmackliche Tiefe zu verleihen.

Lucki hat nun das Knochenmark mit Käse, dem Taleggio, in Stücke vom Röhrenknochen gefüllt und gratiniert. Nun ja, es kommen dabei einfach zwei sehr mächtige Aromen und Fettträger zusammen. Und mächtig plus mächtig ergibt sehr mächtig.

Für meinen Geschmack zu mächtig, v.a. für einen Starter oder die erste Vorspeise. Zumal dadurch auch das eigentliche Aroma des Knochenmarks etwas unterging. Mich erinnerte das Gericht von daher eher an ein klassisches Käsesouffle.

Sous Vide gegarter Schweinebauch / Ananas-Fenchel-Salat / Walnuß-Röstzwiebel Crumble / Kümmelinfusion (7/10)

Nose to tail Gericht Schweinebauch sous vide

Schweinebauch mit Frucht und Farbe


Ein wunderschön anzusehender Teller folgte als nächster Gang. Mit Aktivkohle gefärbter Crumble, ein verführerisches Stück Schweinebauch, fruchtig-saftige Rohkost und eine Pipette mit Kümmelinfusion ließen bei mir alle Sinne auf Empfang gehen.

Was kommt da jetzt? Wie schmeckt das?

Herzstück war natürlich der perfekt gegarte (hallo Sous vide!) Schweinebauch mit gepoppter Kruste. Hach! Und wunderbar passend der Ananas-Fenchel-Salat. Ananas enthält ja das Enzym Bromelin, das die Proteinstruktur im Fleisch aufbricht und so zarter macht.

Eine sehr sinnvolle Kombination also. Der Crumble sorgt für den Crunch und das Ausdrücken der Pipette für einen spielerische Note. Ich hätte mir die Kümmelinfusion gerne etwas kräftiger gewünscht, vielleicht das Gericht insgesamt ein klein wenig beherzter gewürzt. Insgesamt ein gutes und ungewöhnlich konzipiertes Gericht.

Die Stimmung unter den Teilnehmern war inzwischen prächtig, es wurde gelacht und getrunken. Genußatmosphäre wie sie sein soll. Der nächste Gang folgte umgehend (an dieser Stelle übrigens mal ein Lob an Service und Timing der Küchenmannschaft).

Schaufelbug / Jakobsmuschel / Udon-Nudeln / Tofu / Miso (7/10)

Jakobsmuschel mit Rindfleisch angerichtet im Teller

Muschel und Fleisch sprechen japanisch


Es wurde japanisch wie uns Lucki kenntnisreich erläuterte, mit klassischen Zutaten aus der japanischen Küche wurde hier ein Gericht aufgetragen, das gleichzeitig dem Gedanken von Mar i Muntanya (also Berge (=Land) und Meer) huldigte.

Das Suki Yaki vom Schaufelbug (vom Rind, ich kenne das Stück als flache Schulter) kombiniert mit Jakobsmuschel dazu Tofu, ein rohes Wachteleidotter und Miso Vinaigrette. Spannung erhielt das Gericht zusätzlich durch einen Temperaturgegensatz, hier das kalte Fleisch, dort die angebratene Jakobsmuschel. Sehr schöne Kombination, ich mag sowas gerne.

Einen kleinen Wow-Effekt gab es durch die Textur des Wachteleis, je nach Löffelportion mal mehr weniger cremig. Die „schlotzige“ Textur wurde dann durch Tofustückchen und die Udon-Nudeln noch verlängert. Schnell auslöffeln das Ganze!

Japanische Küche bzw. Aromen kommen ja oft etwas „leiser“ daher, so war es auch hier. Da der vorherige Gang schon etwas kräftiger ausfiel, hatte das Gericht aromatisch etwas zu kämpfen. Nicht ganz zufrieden war ich mit der Qualität der Jakobsmuschel, aber das ist die Crux von Erfahrung – wenn man schon bessere Qualitäten gegessen hat, vergleicht man automatisch. Wird hier deshalb mal nicht gewertet!

Der Hauptgang stand an – jetzt kamen die Rotweingläser auf die Tische!

Bavette vom Wagyu Rind / Teri Yaki Jus / Pastinakencreme (9/10)

Hauptgang Menü Taste Academy

Das Starensemble: Wagyu & Pastinake


Der Höhepunkt des Menüs, ganz klar. Wundervolles Rindfleisch (aus der Flanke) kombiniert mit seiner Fettemulsion, ein wunderbar süffiger Jus und ein Pastinakenpüree zum, ja, Reinlegen.

Das Umami-Paradies stand offen, ganz weit offen! Hier hat Lucki alles richtig gemacht, wunderbare Produktqualität perfekt zubereitet. Wenige Elemente super kombiniert und dabei eine Bandbreite in der Textur. Bravo!

An unserem Tisch wurde fleißig Nachschlag geordert, ein besseres Zeichen für die Begeisterung aller gibt es wohl nicht. Interessant fand ich, wie mir bei der zweiten Portion auffiel, das die Struktur des Fleisch durchaus schwankte, von bissfest bis weniger fest.

Richtig satt warteten wir nun auf das Dessert. Lucki kündigte ein „ohne Schokolade“ Dessert an. Er mag keine Schokolade und möchte deshalb den ungewöhnlichen Ansatz bis zur Nachspeise durchziehen. Wir waren gespannt.

Sorbet von der Shisokresse / Stilton / Speckdattel / Lardo / Johannisbeere / Birnensud (5/10)

Dessert mit Sorbet, Stilton, Lardo, Speckdattel, Johannisbeeren auf Teller angerichtet.

Zu gewagt: das Dessert


Prinzipiell ist es eine gute und innovative Idee beim Dessert nicht auf reine Süße zu setzen. Deutschlands führender Patissier Christian Hümbs treibt diesen Gedanken ja auf die Spitze (und das in Perfektion), warum nicht also auch hier?

Nun ja, es waren einfach zu viele unterschiedliche Elemente zu wild kombiniert. Die Meinung am Tisch war auch ziemlich einhellig darüber.

Das Sorbet war toll und für sich eine sehr schöne Erfrischung. Der Lardo war sanft schmelzend, die Johannisbeeren brachten Säure und der Sud die Süße. Das Stück Stilton war leider viel zu groß dimensioniert und die Speckdattel schlicht und einfach überflüssig. Weniger wäre hier mehr gewesen. Aber hey, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Lucki fragte dezidiert nach unserer Meinung und nahm die Kritik ernsthaft auf. Darum geht es doch wenn man neue Wege erkunden will: Probieren, Feedback einfordern, nachjustieren und dann verbessern.

Das Menü jedenfalls war innovativ, durchdacht und spannend – mit nur kleinen Schwächen. Eine überzeugende Demonstration wieviel Genuß in dem Nose to Tail Konzept stecken kann. Danke Lucki!

Ein Wort zu den Weinen

Die begleitenden Weine waren perfekte Begleiter zu den geschmacklich doch komplexen Gerichten.

Als Weisswein wurde die Cuvee Alter Wengert mit den Rebsorten Müller Thurgau, Riesling und Bacchus serviert (aus Tauberzell). Mit solidem Körper und leichter Fruchtigkeit korrespondierte er ideal mit den asiatisch angehauchten Aromen ohne sich in der Vordergrund zu drängen.

Weinkarte

Weine, die Spaß machen.


Der Rotwein erstaunte mich, einen derart extraktreichen Roten hätte ich im Taubertal nicht verortet. Der „Herzstück“, eine Kombi aus Domina und Spätburgunder war saftig und animierte zum Weitertrinken. Ich mußte mich als Autofahrer leider sehr zurückhalten.

Das Finale

Satt, zufrieden und inspiriert ließen wir den Abend dann langsam ausklingen, wobei es ja noch eine kleine Losaktion gab… Aber davon wird bald mehr zu lesen sein. Bei mir und auf den anderen Blogs.

Den Bericht zum ersten Teil der Veranstaltung gibt es hier und wer noch mehr lesen möchte, kann dies bei den tollen Bloggerkollegen tun:

Bei Jens, bei Peter, bei Zorra, bei Maik, bei Sonja, bei Kerstin (ich ergänze die Liste gerne noch)

Und wer sich für die weiteren Veranstaltungen der AEG Taste Academy interessiert, kann sich hier informieren.